Auf einem seiner fast jährlichen Besuche in seiner alten Heimat im Sauerland bat uns Pater Muer aus Brasilien, ein Herzensprojekt von Schwester Maria Luiza zu verwirklichen. Es ging um den Kauf eines leerstehenden Gebäudes, in dem sie eine Kleinkinder-Rettungsstation einrichten wollte. Zu viele kleine Kreuze auf den Friedhöfen von Januária waren der Hinweis für sie, den Ursachen des überproportionalen Kindersterbens in dieser Stadt nachzugehen. Und so entstand der „Pequeno Davi“, der „kleine David“.
Es war eine Säuglingsstation der besonderen Art. In dem eher unscheinbaren Gebäude im Zentrum Januárias wurden Kinder bis zu drei Jahren aufgenommen, die wegen völliger Unterernährung akut an Leib und Leben gefährdet waren. Sie wurden von Ordensschwestern in ganztägigem Einsatz aus ihrem lebensbedrohlichen Zustand heraus „aufgepäppelt“ und nach Wochen, so der Einsatz nicht zu spät kam, an ihre Eltern zurückgegeben.
Ohne begleitende Maßnahmen im Elternhaus machte diese Hilfe jedoch wenig Sinn. So erfuhren die Eltern parallel zur Behandlung ihrer Kinder viel über richtige Ernährung, Säuglingspflege und Hygiene. Wo es durch das übergroße Elend notwendig war, halfen die Schwestern auch nach der Entlassung des Kindes weiterhin mit Nahrungsmitteln aus.
Der ursprüngliche selbstgesetzte Anspruch des „Pequeno Davi“, Kleinkinder vor dem Hungertod zu retten, ist zwischenzeitlich aus politischen Gründen geändert worden. Vom Hungertod bedrohte brasilianische Kinder darf es nicht mehr geben. Dilma Rousseff, ehemalige Präsidentin Brasiliens, setzte im Parlament Maßnahmen durch, die die finanzielle Situation der Armen deutlich verbessert hat. Mit dem Wegfall dieser Klientel konnte man die Zielsetzung ändern.
Jetzt werden im Kleinen David sozial auffällige Kinder betreut, d.h. Kinder, die wegen verschiedener Formen der Misshandlung aus den Familien genommen wurden. Diese Kinder waren in der Regel über längere Zeit starker physischer Gewalt ausgesetzt. Sie wurden von ihren eigenen Familienangehörigen regelmäßig geschlagen oder auch sexuell missbraucht. Am häufigsten sind es Alkohol- und Drogenprobleme, die bewirken, dass Eltern, oft Alleinerziehende, nicht in der Lage sind, angemessen für die Erziehung ihrer Kinder Verantwortung zu übernehmen.
Zurzeit sind etwa 20 Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren in der Einrichtung, mehrere von ihnen immer noch wegen Unterernährung, andere Kinder warten auf die Rehabilitation ihrer Eltern, wieder andere warten auf eine Adoption. Die Belegung des „Pequeno Davi“ liegt in der Regel an der Grenze des Erlaubten. Die Nöte der Kinder sind eine bleibende Realität; sie fordern uns immer neu heraus, das Leben zu schützen und zu fördern.
Schwester Maria Luiza ist mit ihren 87 Jahren und einer starken Gehbehinderung immer noch die Seele des Projekts, auch wenn sie viele Aufgaben an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgegeben hat.