Servir-Info 1999

Der Servir e.V. informiert

 Grausam, inhuman, entwürdigend
 Neues aus Brasilien
 Brasilien 2000
 Servir im Internet
 Last but not least


Grausam, inhuman, entwürdigend

das sind drei Worte aus der Überschrift eines Berichtes zur Situation in brasilianischen Jugendgefängnissen, der uns beim Schreiben des jährlichen Servir-Infos erreichte. In diesem Bericht dokumentiert amnesty international die entsetzlichen Verhältnisse in brasilianischen Jugendhaftanstalten.

So ist z.B. das Tatuape Haftzentrum bei São Paulo, das ursprünglich für 800 jugendliche Gefangene konzipiert war, mit über 1460 Jungen belegt. Die Jungen schlafen dort auf total verfilzten Matratzen auf dem nackten Beton, häufig sogar ohne Bettlaken. Zwei bis drei Jungen müssen sich in der Regel eine Matratze teilen. Viele Zellen sind so überbelegt, dass die Jugendlichen zum Teil im Sitzen schlafen müssen. Da sie in der Nacht die Zellen nicht verlassen dürfen, sind die meisten Matratzen völlig mit Urin verunreinigt. Auch tagsüber ist die sanitäre Versorgung desolat. Ganze 6 zerbrochene Toiletten stehen für über 360 Jungen eines Flügels zur Verfügung. So sind die Jugendlichen gelegentlich gezwungen, ihre Kleidung zu beschmutzen. Ein Stück Seife steht für Dutzende von Jungen zur Verfügung und sie müssen sich in einer Schlange anstellen, wenn sie 20 Sekunden, so die erlaubte Zeit, duschen wollen.

Wenn wir diese Informationen, und das ist nur ein Auszug aus dem Bericht, an den Anfang stellen, dann zum Einen, weil sie ahnen lassen, welch wichtige Funktion Servir hat, in dem es Jugendkriminalität vorbeugt. Zum Anderen möchten wir Ihnen an anderer Stelle in diesem Info zeigen, wie Sie sich selbst gegen solche Menschenrechtsverletzungen einsetzen können. Doch zunächst Erfreulicheres.


Neues aus Brasilien

Im Sommer dieses Jahres war eine Gruppe Jugendlicher aus Berlin für drei Wochen zu Besuch in Januaria und arbeitete in verschieden Projekten des Bischofs Anselmo Müller tatkräftig mit. Ihr Bericht, vor allem bezüglich der Kindertagesstätte Servir, macht Mut und deprimiert zugleich.

Die Bäckerei ist inzwischen voll ausgebaut und trägt wesentlich dazu bei, dass zumindest die Grundernährung der Kinder von Servir gesichert ist. Sie hilft darüber hinaus, dass sich das Projekt zumindest zum Teil selbst tragen kann.

Dank einer großen Spende der "Banco do Brasil" wurde im letzten Jahr ein Ausbildungsprogramm für Jugendliche in allen Räumen des Servir fortgesetzt. Das Angebot reichte von Ausbildungskursen in Informatik, Automechanik, Schneiderei bis hin zum Kunst- und Bäckerhandwerk. Adressaten dieser Kurse waren ca. 400 Jugendliche aus allen Schulen im Umfeld von Januaria. Das Ausbildungsprogramm musste im Frühjahr aus Geldmangel eingestellt werden. Dabei hätte die Spende der Banco do Brasil durchaus für längere Zeit gereicht, wenn sie nicht darauf bestanden hätte, dass das Geld in einem recht eng begrenztem Zeitraum ausgegeben wird. So hat Servir jetzt einen Rasenplatz für Fußball am Rio Sao Francisco erhalten - Bank sei dank!

Eine solche Meldung macht natürlich ein wenig ratlos und man möchte sich lieber anderen Projekten zuwenden. Pater Rohleder, der, da vor Ort, die Situation besser einschätzen kann, meint jedoch: "dass Servir, trotz einiger Wenn und Aber, nach wie vor größte Aufmerksamkeit verdient, da es konkret etwas tut, und das schon im Vorfeld, um Jugendliche vom Weg in die Kriminalität abzuhalten". Wie wichtig gerade diese Funktion des Projekts ist, begreift man sofort, wenn man die Situation in anderen Städten Brasiliens ohne vergleichbare Einrichtungen betrachtet. Jugendhaftanstalten, wie das zu Anfang beschriebene Tatuape , bleiben den Jugendlichen aus Januaria in der Regel erspart.


Brasilien 2000

Zu Beginn des Schuljahres 98/99 fiel die Entscheidung, dass im Sommer des Jahres 2000 erneut eine Gruppe Schüler des Gymnasiums Maria Königin für 4 Wochen nach Brasilien fliegen wird; vorausgesetzt, dass der Flug wie 1991 und 1995 eine merkliche finanzielle Unterstützung vom Land bekommt. Eine diesbezügliche Entscheidung wird Anfang nächsten Jahres fallen. Die Teilnehmer der Fahrt nehmen bereits seit September 98 an einer AG teil, in der sie sich neben dem obligatorischen Sortieren von Aluminium mit den verschiedensten Problemfeldern der Dritten Welt beschäftigen. Ein Schwerpunktthema im Frühjahr war die Entschuldungskampangne 2000, im Rahmen derer in einem ganztägigen Seminar der Zusammenhang zwischen unserem Wohlstand und der Armut in anderen Teilen der Welt durchleuchtet wurde. Inzwischen nehmen die Schüler neben der AG wöchentlich an einem Sprachkurs in Portugiesisch teil. Diese Vorbereitung ist notwendig, wenn sie in Rio mit dem Leben in den Favelas konfrontiert werden, oder zusammen mit Bauern am Rio Sao Francisco oder den Schwestern im Servir arbeiten und leben wollen.


Servir im Internet

Bild 1 Seite der Servir-Homepage

Seit Juli 1999 ist der Servir e.V. im Internet zu erreichen. Sie finden dort eine Vielzahl von Informationen rund um das Projekt. Darüber hinaus wollen wir auf den Seiten der Homepage ausführlich über Menschenrechtsverletzungen an Kindern in der "Dritten Welt" berichten. Zu den Problemfeldern Kinderarbeit, Kindersoldaten, Kinder im Gefängnis u.v.a. erwarten Sie Artikel und Berichte einschlägiger Zeitschriften und Organisationen. Wir wollen jedoch nicht nur informieren, vielmehr wollen wir auch Wege aufzeigen, wie Sie sich gegen die angeprangerten Mißstände einsetzen können. Ein Mausklick - und schon haben Sie z.B. zu dem o.g. Bericht zur Situation in brasilianischen Jugendgefängnissen nicht nur weitere Informationen, sondern vor allem auch konkrete Anleitungen, was Sie selbst unternehmen können, um zu intervenieren. Eine Möglichkeiten dabei ist das Schreiben von Briefen an die verantwortlichen Behörden. Wer selbst sich mit dem Formulieren eines Briefes schwer tut, der kann sich einen Musterbrief, z.B. im Word Format, herunterladen, mit Adresse und Absender versehen und abschicken. Ein Mausklick genügt, probieren Sie es mal aus!


Last but not least

1999 war ein ruhiges Jahr. Das Spendenaufkommen und die Einnahmen durch eigene Aktivitäten ist zwar im Vergleich zum letzen Jahr rückläufig, aber immerhin konnten dieses Jahr 45.000,00 DM nach Brasilien überwiesen werden. Wir danken allen großen und kleinen Spendern auf diesem Wege, insbesondere auch denen, die durch das Sammeln und Sortieren von Aluminium, durch das Stricken von Socken und sonstige Aktivitäten zum Erfolg beigetragen haben.


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