Pressespiegel

Wir haben den Zuckerhut gesehen und Rio de Janeiro

Unbegreifliche Armut und Lebensfreude der Brasilianer erfahren

Von Ulrich Schulte

Bild 1 Baustellen-Bericht der Jungen: Ulrich Schulte aus Brasilien.

Rio de Janeiro. Nach elf Stunden Flug landeten wir in Rio de Janeiro. Schon auf der Fahrt vom Flughafen ins Hotel konnten wir einen Teil der Vielseitigkeit dieser Stadt entdecken. Dieser Eindruck vertiefte sich bei einer Stadtrundfahrt: Wir haben natürlich den Zuckerhut gesehen und konnten vom Corcovado aus, auf dem die Christusstatue über der Metropole wacht, die ganze Stadt überblicken. Rio de Janeiro ist eine faszinierende Stadt, eine Stadt voller Kontraste. So sieht man das Meer am Fuße von grün bewachsenen Bergen, der Strand ist von Wolkenkratzern und Hotels eingerahmt und an den Hängen von Rio erstrecken sich riesige Favelas. Nicht nur die Landschaft bietet starke Gegensätze. Ein großer Unterschied besteht auch zwischen Arm und Reich. Am Strand tummeln sich bettelnde Straßenkinder, und von überallher kommen kleine jungen und Mädchen, die sich als Schuhputzer ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Das Faszinierendste an unserem Aufenthalt sind die Begegnungen.

Von Rio aus fuhren wir in den Bundesstaat Minas Gerais, eine sehr ländliche Gegend. Das Kloster, in dem wir untergebracht sind, liegt in der Nähe von Ouro Preto. Die auf mehrere Hügel verteilte Stadt besichtigten wir und wir, die wir seit Jahren Aluminium für das Servir-Projekt sammeln, besuchten einen der großen Aluminiumhersteller, die ALCAN-Werke. Den letzten Tag im Kloster verbrachten wir damit, eine Goldmine zu besichtigen. Am Abend starteten wir dann per Bus zu unserem Arbeitsaufenthalt in Januária.

Bild 2 Gruppenbild, aufgenommen bei der Besichtigung der ALCAN-Werke in Ouro Preto: Seit Jahren wird am Gymnasium MK Aluminium gesammelt, im Rahmen ihres Brasilien-Aufenthaltes machten sich die Schüler um Werner Liesmann ein Bild von der Aufbereitung.

Nach ungefähr zehn Tagen Brasilien in Rio, Ouro Preto und Januária war es endlich so weit. Am frühen Vormittag fuhr ein LKW, beladen mit Verpflegung, Matratzen, Decken und natürlich mit uns auf der Ladefläche zu dem etwa 30 Kilometer entfernten Dorf Quebra Guiada. Viel wussten wir nicht über unseren Einsatzort: Jede Menge Sand, davon hatten wir gehört; keine sanitären Anlagen. Immerhin gibt es inzwischen eine einigermaßen hinreichende Stromversorgung. So kamen wir ordentlich eingestaubt in dem kleinen Ort an und wurden mit Salutschüssen von Einheimischen empfangen. Abgesehen von der Stromversorgung und dem Radio, das den ganzen Tag lang aus der Hütte des Bürgermeisters dröhnte, schien es, als sei die Zeit in dem 30 Einwohner großen Quebra Guiada vor nicht weniger als 500 Jahren stehen geblieben. Der Tag unserer Ankunft verlief noch recht locker: Wir richteten unsere Schlafplätze ein und saßen abends in gemütlicher Runde mit den Einheimischen zusammen. Ab dem nächsten Morgen widmeten wir unsere Zeit dann unserer eigentlichen Aufgabe: Beim Bau von sanitären Anlagen wie Toiletten, einer Dusche und einem Waschraum helfen. Genauer gesagt: Steine schleppen, Sand vom 300 Meter entfernten Strand über einen schmalen Trampelpfad ankarren, eine zwei Meter tiefe Jauchegrube ausheben oder beim Mauern "anpacken". So standen wir jeden Morgen um 6 Uhr auf, putzten uns die Zähne, legten eine Schicht Sonnenöl und etwas gegen die Mücken auf schon hieß es: "O café da manha e pronto!" ("Der Kaffee ist fertig"). Bis 11.30 Uhr wurde gearbeitet. Nach getaner Arbeit nahmen wir alle ein Bad im Rio São Francisco, um den Staub, dem man am gesamten Körper trug, loszuwerden. Nach dem anschließenden Abendessen wurde noch ein wenig mit den Einheimischen geplaudert. So oder so ähnlich sah hier der übliche Tagesablauf aus, der immer mit einem tiefen Schlaf endete.

Quelle: Sauerlandkurier - 23. Juli 2000

Sauerlandkurier

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