Kindersoldaten - "Jedes Kind hat ein Recht auf Frieden"

Weltweit kämpfen rund 300.000 Kinder in bewaffneten Konflikten. Mitte September haben in Kanada Vertreter von Regierungen und Nichtregierungsorganisationen darüber beraten, wie Kinder in Krisensituationen besser geschützt werden können.

Von Gerd Braune

Vertreter von 130 Staaten haben sich auf der "Internationalen Konferenz über Kinder in bewaffneten Konflikten" Mitte September in der kanadischen Stadt Winnipeg zu einem verstärkten Schutz junger Menschen in Kriegsgebieten bekannt. Unter keinen Umständen sei es gerechtfertigt, Kinder in Kriegen gezielt zu Opfern zu machen, hieß es in der Abschlusserklärung. Eindeutig verurteilt wird die Rekrutierung von Kindern für Kämpfe. Das Dokument enthält über die Bekräftigung bereits bestehender Verpflichtungen hinaus jedoch wenig neue Aspekte und vor allem sieht es keine Mechanismen zur Durchsetzung der Verpflichtungen vor.

Es war ein Experiment, auf das sich die Kanadier einließen: das Ergebnis der Konferenz sollte nicht nur von dem Treffen auf Regierungsebene bestimmt werden, sondern auch von betroffenen Jugendlichen sowie Experten aus Nichtregierungsorganisationen, UNO und anderen internationalen Organisationen. Damit waren Differenzen zwischen weit reichenden Forderungen von Nichtregierungsorganisationen und Experten auf der einen und den Willensbekundungen der Regierungen auf der anderen Seite vorprogrammiert.

Am Ende lagen drei Dokumente vor, die mit unterschiedlicher Intensität Schritte zum Schutz der Kinder forderten. Am schwächsten fiel erwartungsgemäß das Regierungsdokument aus, das lediglich den Minimalkonsens der vertretenen Staaten festschrieb. Dennoch beurteilten die Nichtregierungsorganisationen die Konferenz positiv: Mit Blick auf die UNO- Sondersitzung über Kinderrechte im Herbst 2001 sahen sie in der Tatsache, dass die vertretenen Regierungen Verpflichtungen für einen verbesserten Schutz der Kinder eingegangen sind, eine "Botschaft der Hoffnung".

1996 hatte die mosambikanische Politikerin Graca Machel im Auftrag der UNO eine Studie erstellt und damit das Thema in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Die Zahlen waren erschreckend: Rund 300.000 Kinder im Alter unter 18 Jahren wurden als Kindersoldaten in etwa 30 bewaffneten Konflikten eingesetzt. Sie wurden entführt und als Soldaten zwangsrekrutiert, Mädchen zudem als Sexsklavinnen ausgebeutet. Über sechs Millionen Kinder wurden in den vergangenen zehn Jahren in Kriegen verletzt, mehr als eine Million verloren ihre Eltern.

Bild 1 "Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, Ihre Kinder würden das mitmachen, was diese Jugendlichen mitgemacht haben"

Jugendliche aus Kriegsgebieten legten in Winnipeg Zeugnis von den durchlittenen Schrecken ab. "Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, Ihre Kinder würden das mitmachen, was diese Jugendlichen mitgemacht haben", wandte sich Graca Machel an die Politiker: "Sie können nicht länger warten."

Die Hoffnung, konkrete, überprüfbare und durchsetzbare Schritte zum Schutz der Kinder beschließen zu können, erfüllte sich dennoch nicht. Die "Agenda für Kinder in bewaffneten Konflikten" enthält vor allem Absichtserklärungen. So werden verstärkte Investitionen in Gesundheits- und Bildungswesen gefordert und auch in Krisensituationen sollten Kinder Schulunterricht erhalten. Sie enthält aber weder die Verpflichtung, den Handel mit leichten Waffen einzustellen, noch fordert sie eindeutig die Unterzeichnung des Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof, der auch die Verletzung von Kinderrechten in Kriegen ahnden soll. Aus Delegationskreisen hieß es, zehn Staaten hätten sich klaren Bekenntnissen widersetzt, darunter die USA, China und Kuba.

Die Nichtregierungsorganisationen beschlossen einen Aktionsplan mit dem Titel "Jedes Kind hat ein Recht auf Frieden". Ein internationales Netzwerk soll künftig die Arbeit koordinieren und dadurch den Schutz für Kinder effektiver machen. Vor Ort soll überprüft werden, ob Regierungen ihren Verpflichtungen gerecht werden.

Eine konkrete Vereinbarung brachte die Konferenz aber doch: Unter ägyptischer und kanadischer Vermittlung verpflichteten sich die Regierungen von Sudan und Uganda, sich für die Freilassung entführter und als Kindersoldaten missbrauchter Jugendlicher auf ihren Territorien einzusetzen. Damit besteht Hoffnung, dass schätzungsweise 6.000 ugandische Jugendliche, die sich in den Händen der Lord´s Resistance Army (LRA) befinden, bis Ende des Jahres freigelassen werden. Dies gilt auch für eine unbestimmte Zahl sudanesischer Kinder, die von der süd-sudanesischen Befreiungsarmee SPLA entführt wurden.


Gerd Braune ist freier Korrespondent in Ottawa/Kanada.


Quelle: ai-Journal - Das Magazin für die Menschenrechte von amnesty international - November 2000

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