Servir-Info 2002

Der Servir e.V. informiert

 Erneuter Sammelerfolg
 Brückenschlag
 Bischof Anselmo Müller zu Besuch
 Afrikanische Klänge am Gymnasium Maria Königin
 Neues aus Januaria
 Und bei uns
 Danke Susanne


Erneuter Sammelerfolg

Als im Juni des Jahres 1989 der AK Servir des Gymnasiums "Maria Königin" das Projekt ALU - Aus Liebe zur Umwelt - begann, ahnte kaum jemand, dass dieses aufwendige Projekt sich so lange halten würde. Inzwischen ist es zu einer festen Einrichtung geworden, die über den Schulkreis hinaus von vielen Lennestädter Bürgern genutzt wird. Am 13. Juni dieses Jahres brachte ein Container der Fa. Egon Behle die dreizehnte Lieferung nach Meschede, wo das Material von der Fa. Honsel wiederverwertet wird. 2.160 kg waren es dieses Mal im Gegenwert von 2.030 Euro. Insgesamt wurden bis jetzt 25.940 kg abgeliefert. Eine gewaltige Menge, wenn man bedenkt, dass der größte Teil aus Deckeln von Joghurt-Bechern, Einweg-Essgeschirr von Tiefkühlkost und Teelicht-Behältern besteht. Tausende von Stunden mühseliger Sortierarbeit stecken dahinter. Arbeit, die vor allem von den Schülern des Servir e.V. in freiwilligen nachmittäglichen Einsätzen geleistet wird, aber auch von Klassen in Vertretungsstunden.

Über 37.500 Euro hat die Aktion ALU bis jetzt für die Kindertagesstätte Servir und andere Projekte in Januaria, Brasilien, gebracht. Dieses Geld ist eine große Hilfe in einer Gegend, wo das Durchschnittseinkommen einer Familie bei allenfalls 50 Euro im Monat liegt.

Doch nicht nur der finanzielle Aspekt und die damit verbundene Hilfe ist wichtig. Aluminium ist zwar im Gegensatz zu Gold oder Silber kein wertvolles Erz, aber die Erschließung des Aluminiums aus dem Ausgangsmaterial Bauxit ist ein extrem energieaufwendiger Prozess. Dieser Energiebedarf ist beim Recycling zehnmal geringer.

Bild 1 Bild vergrößern Die Alulieferung zur Fa. Honsel wird vorbereitet

Was das bedeutet, wird sofort klar, wenn man bedenkt, dass für die Bereitstellung der benötigten Energie in Brasilien große Flächen Lebensraum Stauseen zum Opfer gefallen sind. Allein die beiden größten Stauseen im Amazonasbecken, der Tucurui- und der Balbinastausee, die eigens für diesen Zweck gebaut wurden, haben eine Fläche von über 5.000 Quadratkilometer Regenwald ertränkt. Das entspricht etwa der doppelten Fläche des Saarlandes. Hinzu kommen die riesigen Abbauflächen, auf denen das Bauxit im Tagebau gewonnen wird. So hat z.B. das größte Abbaugebiet Brasiliens eine Fläche von 1.500 Quadratkilometern. Beide Maßnahmen zerstören die Landschaft und den Lebensraum von Pflanzen, Tieren und Menschen. Die bei der Produktion von Aluminium anfallenden großen Mengen giftigen Rotschlammes, die giftigen Abgase, die bei der Erzeugung von Aluminium entstehen mit ihren gesundheitlichen Folgen für die Arbeiter in den Fabriken, sind ein weiteres Argument, so viel Aluminium zu recyclen wie möglich.


Brückenschlag

Ein Stück über Straßenkinder in Indien zu schreiben, noch dazu unterhaltend, ohne drohenden Zeigefinger oder gar Schwermut - ist das möglich? Die Theater-AG der Schüler/innen um Marlene Skala zeigte mit dem Stück "Drachen Steigen" am letzten Mai-Wochenende dieses Jahres, dass es geht.

Vorbild war das Straßenkinderprojekt "Butterflies" in Dehli, das Schwerpunkt-Thema der Misereor Aktion 2000. Das besondere an diesem Projekt ist, dass die Straßenkinder dort "abgeholt" werden, wo sie leben, wie sie leben. Die wenigsten von ihnen sind Waisenkinder. Häufig sind sie starke Persönlichkeiten, die lieber auf der Straße unter Gleichaltrigen leben, frei von Bevormundung, frei vor allem von der Gewalt, die sie in ihren häufig im Elend dahinvegetierenden Familien erfahren. Sehr schnell lernen sie in der Gruppe Verantwortung zu übernehmen. Sie sind Lebenskünstler in vielfältiger Weise. Was ihnen fehlt, ist die Schule. Aber Schule bedeutet Regelmäßigkeit, bedeutet vor allem Einengung, feste Gebäude, feste Zeiten.

Bild 2 Bild vergrößern Der Traumdrache greift ein

Wenn sie schon nicht zur Schule gehen, so ein Ansatz des Projektes, dann kommt die Schule eben zu ihnen. So wird im Rahmen des Projekts "Butterfly" Unterricht für Straßenkinder auf verschiedenen Plätzen in der Stadt angeboten. Wer will, geht hin, wer nicht, der lässt es eben bleiben. Die Kinder lernen nicht nur Lesen und Schreiben; sie lernen vor allem auch, sich zu organisieren, Projekte gemeinsam anzupacken, politisch zu handeln. So gibt es einen Straßenkinderrat, Wandzeitungen an verschiedenen Plätzen, eine Bank eigens für die Straßenkinder und eine Theatergruppe.

Das alles greift das Theaterstück auf und versucht eine Brücke zwischen deutschen und indischen Kindern herzustellen.

Im Theaterstück wollen deutsche Schulkinder ohne die Hilfe von Lehrern eine Theaterinszenierung auf die Beine stellen. Doch scheint das Projekt aufgrund kleiner Streitigkeiten bald zum Scheitern verurteilt. In diese Situation hinein (stark verkürzt) begegnen die indischen Straßenkinder in einer Art Traum den deutschen Schulkindern. Diese erkennen, dass zu mehr Selbstständigkeit auch eigenverantwortliches Handeln gehört, und sie beschließen, das Theaterprojekt doch noch durchzuführen.

Die gelungene Aufführung behandelte in ansprechender Art und Weise das Thema "Straßenkinder in Indien" ohne übertrieben schwarzmalerisch zu sein. Wichtig vor allem ist, dass sich alle beteiligten Schüler - die Szenen und Dialoge sind z.T. von ihnen selbst geschrieben - sehr intensiv mit dem Thema Straßenkinder beschäftigt haben.

"Drachen Steigen" wird übrigens noch einmal im Rahmen des Theater-Festivals der Amateure am 19.Januar 2003 im PZ aufgeführt.


Bischof Anselmo Müller zu Besuch

Hoher Besuch aus Brasilien. Wieder einmal besuchte Bischof Anselmo Müller für vierzehn Tage Deutschland. Fünf Tage davon war er zusammen mit Pater Arnaldo aus Rio bei uns zu Gast. Pater Arnaldo ist die Anlaufstation für alle, die in die Projekte in der Diözese Januaria reisen. So hat er auch für unsere Schülergruppen, die 1991, 1995 und 2000 in Brasilien waren, Unterkünfte auf dem Weg nach Januaria besorgt, Busse gemietet u.s.w. Bei unserer letzten Fahrt hat eine Teilgruppe sogar eine ganze Woche bei ihm übernachtet. So war die Freude groß, auch ihn einmal beherbergen zu können.

Jeden Morgen besuchten Bischof Anselmo Müller und Pater Arnaldo drei Schulklassen der Unterstufe, um ihnen von ihrer Arbeit zu erzählen. Jennifer Rubrech aus der Klasse 6b fasst ihre Eindrücke zusammen: "Es war ein interessanter Besuch. Der Bischof hat uns über das Projekt in Brasilien erzählt, wie viel Geld zusammen gekommen ist und wie viele Straßenkinder es gibt. Er erzählte auch über die Fußballmannschaft und den Regenwald. Manchmal war es richtig lustig, weil man kaum etwas verstand. Seinen Übersetzer (Pater Arnaldo) konnte man auch nur schlecht verstehen. Wir fragten ihn, wo sein Sitz in Brasilien ist. Er wusste fast auf jede Frage eine Antwort. Er sagte, dass er 71 Jahre alt ist und schon 18 Jahre Bischof."

In der Tat waren Bischof Anselmo Müller und Pater Arnaldo für das ungeübte Ohr nicht leicht zu verstehen. Ihr Deutsch ist ein Hunsrück-Dialekt, den ihre Vorfahren aus Deutschland mit nach Brasilien genommen hatten. Bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges wurde in den Emigrantenfamilien in der Regel nur Deutsch gesprochen.

So wurden dann auch die Besucher des Informations-Abends mit dieser über Generationen überlieferten Sprache konfrontiert, die das Verstehen gelegentlich erschwerte. Eingeleitet jeweils durch ein Video, erzählten beide über ihre Arbeit und standen für Fragen aus dem Publikum zur Verfügung.

Bild 3 Bild vergrößern Bischof Anselmo Müller (r) und Pater Arnaldo (l) zu Besuch bei der 6b

Afrikanische Klänge am Gymnasium Maria Königin

Im Oktober waren die Masithi Singers aus Südafrika und Schwester Petronella aus Namibia zu Gast bei MK. Vor fast voll besetzter Klosterkirche mit Schülern der Anne Frank Schule und der Realschule Meggen, des städtischen Gymnasiums Lennestadt und des Gymnasiums Maria Königin gaben die Gäste aus Afrika am Freitagmorgen ihr Bestes.

Die vier Marimba-Spieler sowie die sechs Sängerinnen und Sänger der "Masithi-Singers" hatten keine Probleme, die Jugendlichen vom ersten Moment an für ihre Musik zu begeistern. Zu unterschiedlich waren die Klänge und Gesänge zu dem, was ihre Ohren gewöhnt sind, als dass sie nicht gefallen könnten. Der Funke afrikanischer Lebensfreude sprang schnell auf die Schüler über. Fast unglaublich war das Klangvolumen, das nur wenige Kehlen hervorbringen können.

Den schwierigeren Part hatte Schwester Petronella, denn sie wollte in englischer Sprache über ein Problem berichten, bei dem sich Ausgelassenheit verbietet - Aids. Schwester Petronella Shetunyenga arbeitet als Aids-Seelsorgerin der "Catholic Aids Action" im Norden Namibias. Ihre besondere Sorge gilt dabei den hinterbliebenen Kindern. Die Zahl der Waisenhäuser speziell für sie nimmt ständig zu auf dem afrikanischen Kontinent. Das verwundert nicht, denn mit über 28,5 Millionen Aids-Kranken und 3,5 Millionen Neuinfektionen in 2001 stieg die Infektionsrate im südlichen Afrika im Vergleich zum Vorjahr um eine halbe Million Menschen. 2,2 Millionen sind im gleichen Zeitraum an Aids gestorben. Die besondere Tragik hinter diesen Zahlen ist, dass es insbesondere die Achtzehn- bis Dreißigjährigen trifft, d.h. diejenige Altersgruppe, die in der Ausbildung bzw. am Beginn des Arbeitslebens steht. Die Facharbeiter und Spezialisten einer ganzen Generation sterben aus, die Dorfschule verwaist, weil die Lehrer wegsterben.

Bild 4 Bild vergrößern Viel Klang aus wenig Kehlen: die Masithi Singers

So wurden die Schüler/innen zwischen Lebensfreude und bitterer Lebenswirklichkeit hin und her gerissen. Mag der eine oder andere zu Beginn der Veranstaltung vielleicht noch skeptisch gewesen sein, am Ende war bei allen Betroffenheit zu spüren, die sich nicht zuletzt im Ergebnis einer spontanen Sammelaktion niederschlug. Über 200 Euro spendeten die Schüler für die Arbeit von Schwester Petronella.


Neues aus Januaria

Die Neuigkeiten, die Bischof Anselmo Müller aus Januaria mitbrachte, waren nur zum geringen Teil erfreulich. Die Arbeitslosigkeit steigt, immer mehr Menschen vom Lande siedeln sich am Rande der Stadt, z.T. in Erdlöchern, an. Der Bischof hat alle Hände voll damit zu tun, wenigstens die schlimmste Armut zu bekämpfen. So kauft er immer wieder Ländereien auf, um darauf von den Erdloch-Menschen einfache kleine Steinhäuser bauen zu lassen. Etwa 1.500 Euro kostet das Rohmaterial, den Rest müssen die Betroffenen in Nachbarschaftshilfe selbst erledigen.

Auch Servir geht es nicht gut. Nachdem die großen Fördergelder für die Kurse ausgegangen sind, mussten alle für diesen Zweck angestellten Lehrer entlassen werden. Selbst Ricardo, der Chef vom Projekt, hat wieder eine Nebentätigkeit aufgenommen, um sein Auskommen zu haben. Da klingt es schon fast irritierend, wenn gerade vor wenigen Wochen mit Fördergeldern aus anderen Töpfen ausgerechnet der erste und einzige Lokalsender von Januaria in einem Raum vom Servir eingeweiht wurde. Die Idee, die dahinter steckt, ist, Servir stadtweit präsent zu halten und darüber hinaus durch die Einnahmen aus der Rundfunk-Werbung für lokale Firmen und Geschäfte Servir zu unterstützen. Vier Angestellte beschäftigt und finanziert der Sender, was übrig bleibt fließt in das Projekt.

Die Säuglings-Rettungsstation, der "Pequeno Davi" , ist in das neue Gebäude umgezogen und läuft sehr gut. Im alten Gebäude hat die Stadt eine Betreuungs-Station für Drogensüchtige eingerichtet.


Und bei uns

läuft alles normal. Kaum zu glauben, aber der Servir e.V. feierte dieses Jahr seinen dritten Geburtstag. In der Mitgliederversammlung am 27. April wurde satzungsgemäß ein neuer Vorstand gewählt. Ihrem eigenen Wunsch entsprechend wurde Frau Eberwein Kruse aus dem Amt des Kassenführers entlassen, so dass der neue Vorstand wie folgt aussieht: 1.Vorsitzender - Werner Liesmann, stellvertretender Vorsitzender - Alexander Wolf, Schriftführer - Marlene Skala und Kassenführer - Andreas Behle.

Anfang des Jahres haben sich der Servir e.V. und andere Eine-Welt-Gruppen im Arbeitskreis "Eine Welt" der Lokalen Agenda 21 - Lennestadt zusammengefunden. Ziel ist es, vor allem bei der Bewusstseinsbildung für die Probleme der Dritten Welt an einem Strang zu ziehen, die Öffentlichkeitsarbeit diesbezüglich in Zusammenarbeit mit der Stadt effektiver zu gestalten. Ein erstes Projekt in diesem Sinne war die Veranstaltung mit den Masithi Singers und Schwester Petronella.


Danke Susanne

Mit Ende des Schuljahres ist Frau Eberwein-Kruse in den verdienten Ruhestand getreten. Seit Beginn des AK Servir im Sommer 1985 war sie die Hüterin der Finanzen und achtete stets sorgsam darauf, dass alles sorgfältig verbucht wurde. Doch auch wenn diese Tätigkeit schon sehr umfangreich war und über die Jahre ganze Aktenordner füllte, Frau Eberwein Kruse alleine darauf zu reduzieren würde ihr nicht gerecht. Ganz im Gegenteil, ihr wesentlichster Beitrag war ihre Präsenz. Sie war eine tragende Säule des Projekts, stets ansprechbar für die beteiligten Schüler und Lehrer, Mutmacher und Orientierung. Danke Susanne, danke auch über diesen Weg. Wir wünschen Dir auf deinem weiteren Lebensweg vor allem Gesundheit und Freude am Leben.


Wir bedanken uns zum Abschluss herzlich bei allen großen und kleinen Spendern, die dazu beigetragen haben, dass dieses Jahr Bischof Anselmo Müller 25.000 Euro überwiesen werden konnten. Unser besonderer Dank gilt auch denen, die durch ihren körperlichen Einsatz zu diesem Erfolg beigetragen haben. Dazu zählen natürlich wie immer auch der Missionskreis Würdinghausen und die Schüler des Servir e.V.


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