Pressespiegel

Nach der Arbeit das Vergnügen

Letzte Woche der MK-Schüler in Brasilien

Altenhundem/Januária. Mit dem Ende der dritten Woche in Brasilien kam für uns auch das Ende des Streichens. Leider haben wir nicht die gesamte Fassade des Servir doppelt streichen können, aber viel ist getan worden und den Rest, so wurde uns versprochen, wollen die fleißigen einheimischen Helfer sehr bald fertigstellen.

In jedem Fall freuen sich die Kinder und Jugendlichen über den neuen Anstrich und auch die Farbauswahl ist ihrer Meinung nach gelungen. Diese Tatsachen freuen natürlich auch die Deutschen – gute Tat vollbracht.

Nach der Arbeit sollte man bekanntlich ein wenig entspannen, aber in Anbetracht der noch bevorstehenden, schlauchenden Reisetage musste zunächst wieder Energie getankt werden. Deshalb war am Samstag eine Angeltour auf dem Rio Sao Francisco angesagt, die zwar nicht besonders erfolgreich war, aber viel Spaß gemacht hat. AmSonntag gab es dann einen besonderen Leckerbissen, wir fuhren nach Bandeiros, einem kleinen Wasserfall nicht weit von Januária.

Auf der Fahrt wurde offensichtlich, wie nah arm und reich hier beieinander wohnen. Nach dem Villenviertel mit großen und schönen Häusern, die übrigens alle eingemauert und von Elektrozäunen umgeben sind, ging es über einen nicht gepflasterten Weg aus rotem Staub vorbei an winzigen, halb verfallenen Hütten, dem Viertel der ganz Armen. Auf der ruckeligen Strecke gab es dann Gelegenheit, über das Gesehene einmal nachzudenken. Bei der Ankunft wurden diese Gedanken aber zurückgestellt und die wärmende Sonne und das klare, kalte Wasser genossen. Recht ausgepowert ging es am Abend wieder zurück, auch weil man, statt im Wasser zu ruhen, eine lange Expedition durch die brasilianische Flora machte, die die Erkenntnis brachte, dass man dort ohne Schuhe nichts verloren hat.

Der Montag war dann für einen Ausflug nach Quebra Guiada reserviert, jenem kleinen Fischerdorf, in dem während der letzten Brasilienfahrten immer mal wieder gebaut wurde, beispielsweise ein Gemeinde- und ein Waschhaus. Homiusso, der Bürgermeister, hatte uns zuvor in Januária besucht und eingeladen.

Ein echtes Abenteuer

Die Fahrt nach Quebra Guiada war ein echtes Abenteuer, denn nach kurzer, ordentlich geteerter Straße begann ein großes Schlagloch, das zwischendurch mal von staubigen Straßenteilen unterbrochen wurde; die Pflanzen am Wegesrand waren komplett von einer roten Staubschicht überzogen. Die Fahrt zog sich also in die Länge, denn auf ein „Unternehmen Achsenbruch“ wollte sich der Busfahrer nicht einlassen und fuhr der Route angemessen recht langsam. Als wir, nach einigem Suchen, schließlich ankamen, glaubten einige, im wahren Brasilien zu sein, jenes, das wir uns vor der Reise vorgestellt hatten. Auch wenn ein gewisser Fortschritt erkennbar ist, sichtbar gemacht durch Fernseher und Stereoanlage, in Quebra Guiada scheint die Zeit stillzustehen. Es gibt wenige, kleine Häuser, die aus blanken Ziegeln bestehen und derenWände im Innern von Computerprospekten verziert werden. Die Menschen hier leben hauptsächlich von der Viehzucht, für einen wirtschaftlichen Anbau von Pflanzen reicht es nicht; außerdem ist die Wasserpumpe am Rio Sao Francisco seit einiger Zeit kaputt und somit eine geregelte Wasserversorgung nicht möglich. Trotz ihrer elenden Situation sind die Menschen aber sehr nett, wir alle wurden herzlich begrüßt und herumgeführt, wobei wir auch die Bauten unserer Vorgänger begutachten konnten. Im Anschluss ging es für kurze Zeit zum Flussufer, um ein wenig den Staub abzuwaschen, bevor wir zusammen mit den Brasilianern den Film von der letzten Brasilienfahrt sahen. So kam die Zeit des Abschieds schnell und wir ruckelten zurück nach Januária.

Abschiedsstimmung

Der nächste Tag war von Abschiedsstimmung geprägt. Am Morgen gab es die finale Waschaktion, um noch einmal alle Sachen sauber zu haben, danach begann das Kofferpacken. Nach dem Mittagessen und einer ausgedehnten Abschiedsfotosession machten wir uns zum letzten Mal auf zum Servir, um uns von den momentan leider wenigen Kindern dort zu verabschieden. Wieder einmal konnten wir die nie enden wollende Freundlichkeit der Brasilianer spüren, denn extra für uns hatten sie eine kleine Choreographie mit Gesang einstudiert. Auch hier wurde viel Speicherplatz mit Erinnerungsfotos gefüllt bis zum endgültigen, durchaus traurigen Abschied von unseren neuen Freunden. Mit einer kleinen Feier wurde auch in unserem neuen Heim der Abschied eingeläutet. Geschenke wurde ausgetauscht und bei Musik und Tanz bis spät in die Nacht rückte sogar die Schwermut in weite Ferne.

Dorthin ging es für uns am nächsten Morgen. Der Bus nach Brasilia kam zwar ein wenig später als geplant, aber er kam und so rollten wir unaufhaltsam in Richtung Flughafen, mit unseren Koffern und vielen schönen Erinnerungen und Erfahrungen im Gepäck. Während der Fahrt durch die Hochebene Brasiliens, die auchzumNachholen des in der Abschiedsnacht fehlenden Schlafes genutzt wurde, konnte man einen Eindruck von der Größe dieses Staates gewinnen: Endlose Wälder, zum Teil angelegt, riesige, recht trockene Wiesen, die noch Spuren von Brandrodung aufwiesen, tiefe Täler und kaum bewohntes Gebiet. Am Abend erreichten wir schließlich den Flughafen und nach Umsteigen und langem, langweiligen Aufenthalt in Manaus landete unser Flieger in Santarém. Dort regnete es in bester Sauerländer Manier, bloß die feuchte Hitze machte den Unterschied. Abgeholt wurden wir von Gil Serique, unserem Führer für die nächsten Tage. Dieser Mann ist ohne Zweifel ein Phänomen, er ist ein wahrer Playboy, der Spaßhaben und Faulsein zu seinem Beruf gemacht hat. Der leidenschaftliche Windsurfer und Vogelkenner brachte uns dann zum Boot, das für die nächsten Tage unser Zuhause werden sollte.

Bild1 Entspannung nach wochenlanger Arbeit: „Nach kurzer Vorbereitungszeit schipperten wir los über den Tapajos, bis wir ein lustiges Phänomen beobachten. Denn das braune Amazonaswasser fließt wesentlich schneller als das eher schwarze Wasser des Tapajos, was zur Folge hat, dass sich die Flüsse nur sehr langsam vereinen.

Auf Boot zu Hause

Nach kurzerVorbereitungszeit schipperten wir los über den Tapajos bis wir ein lustiges Phänomen beobachten, denn das braune Amazonaswasser fließt wesentlich schneller als das eher schwarze Wasser des Tapajos, was zur Folge hat, dass sich die Flüsse nur sehr langsam vereinen. Wasser ist eben doch nicht gleichWasser. Die nächsten Tage waren der Amazonas und neben dem Tapajos auch andere seiner Zuflüsse unser Erkundungsgebiet. Wir beobachteten viele unterschiedliche Tiere, angefangen bei unzähligen Vögeln, weiterhin Wasserbüffel, Faultiere, Delphine, Affen und einem Ameisenbär. Ganz spannend war die Jagd auf Kaimane mitten in der Nacht, bei der wir einen zwei Monate alten Kaiman fangen und begutachten konnten. Später wurde er wieder ausgesetzt. Daneben zeigte Gil uns eine Menge der örtlichen Flora, beispielsweise Gummi- und Mangobäume oder Kaffee- und Cacaopflanzen. Allerdings ist die Vielfalt in Gefahr, denn große Flächen des Waldes mussten schon Sojaplantagen weichen, die zur Fütterung unserer Nutztiere dienen.

Glücklicherweise gibt es aber noch naturbelassene Gebiete, die einfach wunderschön sind. Beim Besuch von zwei alten Indianerdörfern konnten wir zumindest ein bisschen erkennen, wie sehr sich das Leben der Menschen im Urwald von dem unserem unterscheidet, auch wenn die Unterschiede in Teilen geringer werden.

Große Freundlichkeit

Die Elektrizität hat Einzug gehalten und das Aussehen der meisten Häuser entspricht dem derer in den Städten Brasilien. Aber trotz dieser aus unserer Sicht vielleicht positiven Entwicklungen ist das Leben im Urwald nicht so rosig. Viele Menschen dort haben früher ihre Früchte verkauft, ein Geschäft, das in den letzten Jahren sehr zurückgegangen ist und den Menschen ihre Einnahmequelle versiegen lässt. Ihre Freundlichkeit haben aber auch diese Menschen nicht verloren, sie ließen uns gerne einen Blick auf ihre tägliche Beschäftigungen werfen, beispielsweise bei der Maniokverarbeitung.

Wenn wir gerade nicht auf Entdeckungstour waren, konnten wir das überall angenehm temperierte Wasser genießen und uns in der Sonne rösten lassen. Das werden wir auch noch einen Tag lang tun, bevor es schließlich zurück ins Sauerland geht und eine wundervolle Reise endet.

Bild2 „Wenn wir gerade nicht auf Entdeckungstour waren, konnten wir das überall angenehm temperierte Wasser genießen und uns in der Sonne rösten lassen. Das werden wir auch noch einen Tag lang tun, bevor es schließlich zurück ins Sauerland geht.“

Quelle: Westfalenpost - 5. August 2010

Westfalenpost

Servir e.V. Home e-Mail zurück Info