Kinder in Haft

 Artikel 37 der Konvention der Rechte des Kindes


Von Branko Stahl

Bild 1 Überall auf der Welt werden Kinder willkürlich inhaftiert.

Überall auf der Welt "verschwinden" Kinder, werden gefoltert, getötet oder willkürlich inhaftiert. Oft geschieht dies durch Sicherheitskräfte, die ihre Eltern zur Aufgabe oder zu Geständnissen zwingen wollen. Andere Kinder werden Zielscheibe von Menschenrechtsverletzungen, weil sie von den Verantwortlichen als politische oder soziale Gefahr angesehen werden. Während einer Offensive gegen aufständische Regierungsgegner in Guatemala im Jahre 1982 erläuterte ein Mitglied der Sicherheitskräfte einem ausländischen Journalisten: "Wir müssen die Kinder töten, wenn sie zehn, acht, fünf Jahre alt sind. Man muß sie fertigmachen, denn sie haben gehört, was ihre Väter sagten und die Kinder tun das dann."

Tenzin Dekyong hatte ihre Familie in Tibet verlassen und war dem Buddhistischen Nonnenkloster Michungri beigetreten. Mit nur 16 Jahren war sie noch Novizin. Am 13. März 1993 wurde sie zusammen mit zwei anderen Nonnen bei einer Protestdemonstration gegen die chinesische Oberherrschaft in Lhasa festgenommen. Berichten zufolge wurde Tenzin in Haft geschlagen. Die Nonnen wurden in die Haftanstalt Gutsa in Lhasa transportiert, von wo Berichte über Folterungen vorliegen. Tenzins Inhaftierung in einem Gefängnis, in dem sich sonst nur Erwachsene befinden, verstößt gegen internationale Standards und widerspricht der UN-Konvention über die Rechte des Kindes, die auch China unterzeichnet hat.

Ein 15-jähriger Junge aus Südafrika berichtet: "Ich wurde etwa um 12 Uhr mitternacht zu Hause verhaftet. Die verhaftende Gruppe bestand aus einem C.I.O. Mann, 3 weißen SAP (South African Police) in Zivil, 2 uniformierten schwarzen SAP und 3 Polizisten. Meine Mutter, mein Bruder und eine Schwester schliefen im Haus, als die Polizei ankam. Die Polizei machte sehr viel Lärm - sie schlugen an Fenster und Türen. Als meine Mutter die Tür öffnete, fragte der weiße Polizist nach mir und als sie mich herausdeutete, fing er an mich zu schlagen. Dann zog ich mich an und wurde zu einem Wagen gebracht. Meine Mutter fragte nach dem Grund meiner Verhaftung, aber ihr wurde keine Antwort gegeben.

In Schweden wurde die Polizei beschuldigt, im Oktober 1986 die 16 Monate alte Agneta zwei Tage als Geisel im Gefängnis gehalten zu haben, nachdem sie die Eltern nicht zu Hause angetroffen hatten. Dies geschah im Zusammenhang mit der Abschiebungsaufforderung an die Familie nach Peru.

Neueste Zahlen sprechen z.B. von 80 Kindergefängnissen auf dem Gebiet der GUS in denen derart menschenunwürdige Zustände herrschen, daß selbst offizielle Stellen in Kasachstan aussagen, daß die Todesstrafe weniger grausam sei als eine Unterbringung in kasachischen Gefängnissen. Allein im Gefängnis LA-155/6 in Alma Ata befinden sich ca. 600 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, in der Regel wegen geringfügiger Delikte. Ohne Anklage oder Verfahren oder verurteilt aufgrund eines Verfahrens, das die internationalen Mindeststandards nicht erfüllt, werden diese Minderjährigen oft über Jahre festgehalten, ohne daß ihre Situation jemals juristisch überprüft würde.

Aber auch in anderen Teilen der Welt werden die Rechte des Kindes brutal mißachtet. In Bahrain werden vor allem Frauen und Kinder zunehmend Opfer von willkürlichen Festnahmen und Mißhandlungen. Nach regierungskritischen Demonstrationen wurden im vergangenen Jahr etwa 60 Kinder inhaftiert, viele isoliert in Einzelzellen. Immer wieder werden Frauen und Kinder als Geiseln genommen, um politisch aktive Männer zur Aufgabe zu zwingen.


Artikel 37 der Konvention der Rechte des Kindes

Die Vertragsstaaten stellen sicher,

  1. daß kein Kind der Folter oder einer anderen grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen wird. Für Straftaten, die von Personen vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres begangen worden sind, darf weder die Todesstrafe noch lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit vorzeitiger Entlassung verhängt werden;
  2. daß keinem Kind die Freiheit rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird. Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden;
  3. daß jedes Kind, dem die Freiheit entzogen ist, menschlich und mit Achtung vor der dem Menschen innewohnenden Würde und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Personen seines Alters behandelt wird. Insbesondere ist jedes Kind, dem die Freiheit entzogen ist, von Erwachsenen zu trennen, sofern nicht ein anderes Vorgehen als dem Wohl des Kindes dienlich erachtet wird; jedes Kind hat das Recht, mit seiner Familie durch Briefwechsel und Besuche in Verbindung zu bleiben, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen;
  4. daß jedes Kind, dem die Freiheit entzogen ist, das Recht auf umgehenden Zugang zu einem rechtskundigen oder anderen geeigneten Beistand und das Recht hat, die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Behörde anzufechten, sowie das Recht auf alsbaldige Entscheidung in einem solchen Verfahren.

Branko Stahl ist Mitglied der Koordinationsgruppe der deutschen Sektion von amnesty international zu Menschenrechtsverletzungen an Kindern und Jugendlichen.


Quelle: amnesty international

amnesty international

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